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Das Phänomen „Hidden Workers“: Wie Recruiting und Technologie wichtige Persönlichkeiten systematisch ausschließen

Die Digitalisierung wird auch im Bereich HR immer präsenter. Dabei nutzt eine Vielzahl der Unternehmen digitale Technologien, um Recruiting-Prozesse zu vereinfachen und effizienter zu gestalten. Künstliche Intelligenz trifft beispielsweise eine Vorauswahl, um den HR-Abteilungen oder Personalberatungen Arbeit abzunehmen, indem scheinbar ungeeignete Bewerber* bereits aus dem Prozess ausscheiden, bevor ihre Bewerbung je von einem menschlichen Auge gesehen wurde. Eine Studie der Harvard Business School zeigt dabei eine ernsthafte Problematik bei der Prozess-Automation in der Personalauswahl auf: den systematischen Ausschluss sogenannter „Hidden Workers“.

Wer sind „Hidden Workers“? Warum fallen sie durch das KI-Raster? Was muss geschehen, um diese Technologie sinnstiftend und sozial nachhaltig in HR-Prozesse zu integrieren.

KI im Recruiting – Pro und Contra

Die Studie der Harvard Business School und der Unternehmens- und Strategieberatung Accenture zeigt, dass bereits viele Unternehmen in ihren Recruiting-Prozessen auf KI-gestützte Softwareanwendungen zurückgreifen. Mehr als drei Viertel der befragten Unternehmen aus den USA, Großbritannien und auch Deutschland gaben an, bereits KI-gestützte Software zur Automatisierung ihrer Auswahlprozesse zu nutzen.

Die Software selektiert aus den eingehenden Bewerbungen bereits vor und filtert Bewerber, deren Unterlagen nicht zu den Einstellungskriterien passen, im Vorfeld aus dem Prozess heraus.

Vorteile sind ein geringerer Zeitaufwand für die Recruiter und eine höhere Qualität der vorliegenden Bewerbungsunterlagen. Doch wie intelligent ist die Technologie wirklich? Kann eine KI Menschen anhand weniger Informationen so genau einschätzen und darüber urteilen, ob sie für eine vakante Position geeignet sind? Kritiker sind sich einig: Die Technologie ist für eine so tiefgehende Entscheidung (noch) nicht geeignet. Algorithmen, die Bewerbern aufgrund von Abschlüssen oder Positionen im Lebenslauf bestimmte Fähigkeiten und Eigenschaftssets anrechnen, sehen am Ende doch ganz gewiss nicht den Menschen hinter der Bewerbung.

Hidden Workers – wenn der Technologie der Kontext fehlt

Als „Hidden Workers“ werden in der Studie jene Menschen betitelt, die systematisch und über längere Zeiträume durch das Raster der automatisierten Rekrutierungssysteme fallen und so keine Arbeit finden. Die automatisierten Softwares nutzen ein Ranking-System, bei dem Lebensläufe, die nicht den Vorgaben entsprechen, aussortiert werden. Auch dann, wenn die Bewerber eigentlich gut zur ausgeschriebenen Position passen würden. Auch den Unternehmen selbst (88% aller Befragten) fällt auf, dass durchaus geeignete Bewerber aus dem Prozess herausgefiltert werden. Die Besetzung einer Position durch interessante Quereinsteiger oder Aha-Momente im Recruiting werden so fast gänzlich unmöglich.

Die größte Schwäche der Recruiting-Systeme ist dabei ihre Arbeitsweise. Algorithmen interpretieren nicht und fragen nicht nach. Eine Lücke im Lebenslauf könnte zum Beispiel auch aus der Pflege einer angehörigen Person resultieren. Das System sieht allerdings nur die Lücke und filtert den Kandidaten heraus. Tiefergehende Analysen der Umstände sind nicht möglich.

Ist KI im HR-Bereich richtig aufgehoben?

Die Harvard-Studie gibt in ihrer Zusammenfassung verschiedene Empfehlungen ab, um „Hidden Workers“ nicht weiter systematisch zu benachteiligen. Wir möchten an dieser Stelle die für uns als Personalberatung für Führungskräfte sinnvollsten Empfehlungen aufgreifen und hier auch unsere Einschätzung zur Thematik abgeben. Dabei fokussieren wir uns vor allem auf die technologische Komponente. Alle Empfehlungen finden sich in der Studie.

Künstliche Intelligenz ist nicht per se ungeeignet für Recruiting-Prozesse. Vielmehr ist sie in unseren Augen noch falsch justiert. Diese Meinung teilt auch die Harvard-Studie. Metriken müssen neu angepasst und ausgelesen werden. Die Filteroption im Auswahlprozess sollte zudem eher so ausgerichtet sein, dass sie nicht nach negativen Eigenschaften oder Lücken in Lebensläufen ausgerichtet sortiert. Vielmehr sollten besonders passende und einzigartige Fähigkeiten Rankings positiv beeinflussen.

Ein Bewerbungsprozess kann nicht Systemen und Technologien überlassen werden, die Entscheidungen allein auf Basis mathematischer Algorithmen treffen. Wenn sich die Technologie weiterentwickelt und künstliche Intelligenz neuronale Netze besser nachbilden kann, ist ein verstärkter Einsatz im Recruiting allerdings denkbar. Mit komplexeren Systemen lassen sich hochwertigere und effizientere Lösungen erst realisieren. Es bedarf der Entwicklung künstlicher emotionaler Intelligenz.

Demnach sollte jetzt der Fokus auf eine schnelle Weiterentwicklung der Technologien und auf eine sinnhafte Regulatorik seitens der Politik gelegt werden. Nur so können Rahmenbedingungen und Wachstum in diesem Bereich garantiert und „Hidden Workers“ aktiv aus ihrer Abseitsposition geholt werden.

Bis die Technologie so weit vorangeschritten ist, dass eine systematische Benachteiligung ausgeschlossen werden kann, sollten Unternehmen und HR-Dienstleister dringend über eine Zäsur nachdenken und den Einsatz KI-gestützter Anwendungen so fair und transparent wie möglich gestalten. Der Faktor Mensch wird in der Personalauswahl immer von Bedeutung sein. Sowohl auf Kandidaten- als auch auf Unternehmensseite. KI kann im Auswahlprozess unterstützen und wird in der Zukunft auch komplexere Aufgaben übernehmen können. Sie wird jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit niemals Menschen auf die Art beurteilen, wie es andere Menschen tun.

*In diesem Text wird für die bessere Lesbarkeit nur die männliche Form verwendet. Die gewählten männlichen Formulierungen gelten uneingeschränkt auch für alle Geschlechter.

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